Dienstag, 19. September 2023

 Erinnerungen an Armin


1986 war das Jahr als ich Armin kennengelernt habe. Mit meinem Kumpel Sutz hatte ich in diesem Jahr unseren Plattenladen Nastrovje Potsdam in Schwenningen eröffnet. Eine kleine Zusammenstellung von US-Hardcore, Alternative Sounds, aber auch europäische Bands von kleinen Labels und Mailordern waren nebst T-Shirts und Fanzines in unserem Angebot. Auch die ersten Konzerte organisierten wir in diesem Jahr im Schwarzwald. Nicht sicher, ob es Artless aus New York in der Fuchsfalle oder Scream aus Washington DC in Schwenningen war, als eine Truppe aus Nagold mit Chucks, Baseball Caps und Holzfällerhemden aufgelaufen sind, 40 Zuschauer, viel mehr waren am Anfang nicht zu bekommen. Da war auf jeden Fall auch Armin dabei. 


Es war die Zeit, als das Trust Fanzine gegründet wurde und die alte Besetzung um Moses, Armin und Dolf noch gemeinsam an einem Seil gezogen haben. Wir haben viele Konzerte in dieser Zeit organisiert, White Flag, Poison Idea, Melvins, Accused, Jingo de Lunch, MDC, Fang, RKL, Toxic Reasons, Verbal Assault, später dann auch Dickies oder Fugazi und viele mehr. Armin hat dann auch einige unserer ersten T-Shirt Prints in seiner Mailorder verkauft und uns mit Spermbirds-, So Much Hate und Walter 11 T-Shirts die ersten Aufträge beschafft. Da war die Szene noch überschaubar, aber erstaunlich gut vernetzt. Es wurde viel getauscht, Flyer versendet und über den neusten Scheiß am Telefon debattiert. Gerne rief ich bei Armin an und gab mich mit anderem Namen aus, um eine Platte einer doofen Band zu bestellen (die es natürlich bei ihm nicht gab) oder zu fragen ob ich da bei Mülleimer Records gelandet bin. Auch habe ich ihm mal ein Tape mit der ersten Cheap Trick LP aufgenommen und ihm erzählt es wäre mein neuestes Musikprojekt. Auf seinem Label sind später zwei Singles meiner eigenen Musikprojekte veröffentlicht worden. Das bis zuletzt existierende X-Mist Logo war eine der ersten Grafiken die ich am Computer im Freehand Programm für Armin fertiggestellt hatte, natürlich umsonst. 


Mit Armin gab es immer wieder schöne Polit- und Szene-Debatten, ganz zu Anfang „Nietenpunks vs Chucks“, die zwar vehement, aber immer auch mit einem Grinsen geführt wurden. Wenn ich Armin ärgern wollte, dann nannte ich ihn den Ian Mckaye aus Nagold. Ich war natürlich froh, dass er nicht Straight Edge lebte.  Als die ganze Szene immer kommerzieller wurde und große Firmen wie VANS und vor allem die Musikindustrie auf den Zug aufgesprungen waren um die alternative Musikszene zu kommerzialisieren, war Armin einer der wenigen, der trotzdem konsequent seinen eigenen Planeten X-Mist DIY weiter getrieben hat. Geld ist nicht alles und man kann es schon überhaupt nicht mit in den Himmel nehmen. Mit Haltung Spaß haben und versuchen nicht pleite zu gehen:  ob mit dem kurzlebigen Bandprojekt Happy Ever After oder mit der Lizensierung der legendären Big Boys. Es wurde mit Liebe und Überzeugung gemacht.


I want to be a problem

I want to make a scene

I want to get reactions

And wake you from you dream

And I don't care if you don't like it

And I don't think that it's the best

As long as you remember

Then we're up with all the rest


(Big Boys, We got Your Money)




1999 bin ich nach Berlin gezogen und wir haben uns etwas aus den Augen verloren, nur sporadisch vielleicht mal eine E-Mail geschrieben. Für einen Freund im Schwarzwald richtete ich 2013 einen Geburtstag aus und habe die US-Band „Buck Gooter“, die Armin mir vermittelt hatte, in der Linde Burgberg veranstaltet. Hier haben wir uns am 17.April 2013 zum letzten Mal gesehen. Armin erzählte mir begeistert von den Wanderungen, die er mit Ute an Wochenenden oft machte. Die Natur schien ihn noch mehr zu begeistern als die Musik. Wir überlegten mal einen gemeinsamen Ausflug zu unternehmen. Es ist leider nicht mehr passiert. 


Armin ist schon einmal vorgegangen. Dort, wo er auf uns wartet, wird er mit einer Kiste LPs stehen und wir debattieren über doofe Bands, lästern über Labelmacher die Porsche fahren, und natürlich sprechen wir über schöne Plattencover. 

Lebe wohl lieber Armin, Zeitgenosse einer ganz wichtigen und wunderbaren-, vielleicht sogar der schönsten und unbeschwertesten Zeit. Danke.


- Tøni Schifer -









Sonntag, 10. September 2023

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It‘s life!


Armin, Du hast die Welt für uns und für viele erträglicher gemacht. 

Du warst funky und feinsinnig - und einzigartig im DIY Underground.


Armin & Ute / X-Mist waren Familie und Zuhause.


- Nikki & Timo, Anker Schallplatten -


Life is the only thing worth living for (FLIPPER)


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Donnerstag, 7. September 2023

 Machs gut lieber Armin

 
Es dauert etwas ...  ich habe nicht allzu viele Worte ... kannten wir uns vor einer langen Zeit,
 
 
Ich denke gerne an viele Konzerte, die wir besuchten und uns gesehen haben. Und an all die Platten, die ich bei dir gekauft habe. Danke für all die Stunden, die ich damals bei X-Mist Records Siebdrucken durfte. Danke für all die Musik, die ich durch dich kennengelernt habe und die wir live auch auf Konzerten teilten.
 
Für die Band KARIES entwarf und zeichnete ich das Shirtmotiv. Die Shirts waren teil vom Merchendise für die Tour zum Album "Seid umschlungen, Millionen". Die Band hatte bereits 2x im Vorprogramm von Sleaford Mods gespielt und keine Shirts im Merch anbieten können, weil der zuständige Typ von This Charming Man Records den Druckauftrag total versemmelt hatte. Wie Armin kommentierte: "domm g´loffe!". 2016 fragte ich dann Armin an für den Druck. Armin hat die ganze Charge Shirts 1A  gedruckt und natürlich wie gewohnt in super Qualität! Wer eines dieser Shirts noch besitzt, dem- oder derjenigen sei gesagt: es ist von Armin persönlich bedruckt ❤️  
 
Vor vielen Jahren habe ich von Armin gelernt, wie man Siebdruckt. In Nagold, an der Krake, ohne Stress, in Ruhe. Ich konnte für eigene Projekte die Werkstatt nutzen, wir haben Musik gehört, es fühlte sich geborgen an. 
 
Ja, es stimmt, er konnte Bands in seinen Reviews und Kommentaren echt zerreißen. Da waren wir nicht immer einer Meinung ;) . Aber so wie Armin motzen konnte, konnte er auch wertschätzen.
 
Haltung, das war es, was bleibt. Auch wenn vieles modisch und vergänglich in "unserer" Subkultur erschien, in der wir uns bewegten, war es die Haltung, die blieb. Nicht bei allen, aber auf jeden Fall bei Armin. Danke, dass du uns an diese Werte erinnert hast und sie gelebt hast.
 
Ich weiß nicht mehr wann, es war und welche Band gespielt hat auf einem Konzert im Komma erzählte mir Armin das Lotte gestorben war (Lotte war seine Hündin). Er schilderte die letzten Tage und Stunden und seinen Abschied von ihr. Ich hoffe, dass Armin jetzt wieder mit Lotte irgendwo vereint ist. 
 
Wir mochten Hunde, Musik, die Natur, Humor und Österreich. Es ist lange her, das wir uns das letzte Mal gesehen oder gesprochen haben. Schön das sich unsere Wege gekreutzt haben in unserem Leben!

Machs gut.

- Melanie Werner - 




Uns erreichte diese Radiosendung zum Gedenken an das musikalische Oeuvre von X-MIST. Ein großes Hörvergnügen  ( auch für diejenigen, die nicht der Sprache mächtig sind 😁)!

This radio programme commemorating the musical oeuvre of X-MIST reached us. A great listening pleasure ( also for those who are not able to speak the language 😁)!


https://kfuel.org/radio/playlist-31-08-2023-en-memoire-darmin-hoffman-x-mist-gasoline-boost/

Mittwoch, 6. September 2023

I can't remember exactly when Armin came into my life. It must have been in the mid-90s when I fished an X-Mist flyer out of a Walter Elf LP and I ordered a mail order list with a stamped envelope. When it arrived, it was studied at length again and again. The descriptions aroused so much interest and at first I couldn't decide at all. I always wanted to discover something new - and I could do that here. There was always something I didn't know and wanted to discover. There wasn't just the standard mush that was everywhere. So my musical horizon was suddenly broadened, because until then I had only found the local record shop and We Bite records as a source for new recordings. Armin then managed to satisfy my curiosity for new and unknown things. All of this has had a huge impact on my listening habits and the way I consume music. I really got to discover a lot of great bands through him and it was sometimes a shame that a lot of people didn't trust his taste until the bigger media became aware of the bands. He always had a good nose for good music ... at least for music that I also loved.

At the end of the 90s the first record came out on ADAGIO830 and X-Mist was one of the first simply including the release in their programme, which made me very proud at the time. Somehow you cared about what Armin wrote - because you knew that the review was always honest and not based on sales figures.That hasn't changed over the years. He was one of the few who always wrote the description in the mail-order himself and didn't just copy the press info. And I was even more excited when he included the first demo of my band ZANN in the catalogue and he wrote a good review ... Somehow it came to an exchange of letters and in 2001 to the first label split-release of the evergreat Flamingo Massacres LP. For me it was just the second release but despite that the whole release was always on par and transparent between us. Exactly that was one of the many things that made Armin and X-Mist. He never patronised you or tried to insist on his experience. That meant a lot to me then and still does.

The first time we met in person was at an off day on the Zann/Iceburn tour, when he took us in and hosted us. We strolled through the weekly market in Nagold with recommendations from the house and then went shopping at the X-Mist shop.

Thank you for everything, your support and energy, the enthusiasm and even if we didn't always agree, I always appreciated your honesty. It would be boring if we always thought of the same things in the same way. Criticising each other doesn't mean you don't show each other respect. Always talking after each other's mouths wouldn't get anyone anywhere, and I think that's exactly what I appreciated about Armin. You could have a discussion and exchange points of view. This always led to new perspectives and movement should also be further development.

- Robert / Adagio830, Bis Aufs Messer records - 






Ich weiss gar nicht mehr, wann Armin genau in mein Leben getreten ist. Es müsste so Mitte der 90er gewesen sein, als ich aus einer Walter Elf LP einen X-Mist Flyer fischte und ich mir eine Mailorderliste mit einem frankierten Umschlag bestellt habe. Als sie dann ankam, wurde diese immer wieder ausgiebig studiert. Die Beschreibungen haben soviel Interesse geweckt und ich konnte mich anfangs überhaupt nicht entscheiden. Ich hatte immer Lust etwas neues zu entdecken und das konnte ich hier. Immer wieder gab es etwas, was ich nicht kannte und entdecken wollte. Es gab eben nicht nur den Einheitsbrei, den es überall gab. Somit wurde mein musikalischer Horizont schlagartig erweitert, den bis dahin hatte ich nur den lokalen Plattenladen und We Bite records also Quelle aufgetan für neue Tonträger aufgetan. Armin hat es dann geschafft meine Neugier nach Neuem und Unbekannten zu befriedigen. Das alles hat schon sehr viel Einfluss auf meine Hörgwohnheiten genommen und auch meine Art, wie ich Musik konsumiert habe. Ich hab wirklich viele tolle Bands über ihn entdecken können und es war manchmal schade, dass viel Leute erst dem Geschmack von ihm getraut haben, wenn das grössere Medien auf die Bands aufmerksam geworden sind. Er hatte immer eine gute Nase für gute Musik … zumindest für Musik, die ich auch als gut befand. 


Ende der 90er kam dann auch die erste Platte bei ADAGIO830 und X-Mist war einer der ersten, der die Veröffentlichung damals einfach in sein Programm aufgenommen hatte, was mich damals sehr  stolz machte. Irgendwie war einem wichtig was Armin schrieb - weil man wusste das die Rezension immer ehrlich und nicht auf Verkaufszahlen ausgelegt war. Das hat sich auch über die Jahre nicht geändert. Er war einer der wenigen, die die Beschreibung im Mail-order immer selbst verfasst und nicht einfach das Pressinfo kopierte. Und umso aufgeregter war ich also er das erste Demo meiner Band ZANN in den Katalog aufnahm und er ein gutes Review schrieb … und irgendwie kam es immer mehr zu einem Briefaustausch und 2001 auch zum ersten Split Label release der immer noch tollen Flamingo Massacres LP. Für mich war es gerade mal die zweite Veröffentlichung und trotz all dem war die ganze Veröffentlichung immer auf Augenhöhe und transparent. Und genau das war auch eines der vielen Dinge, die Armin und X*Mist ausgemacht haben. Er hat einen nie von oben herab behandelt oder versucht auf seine Erfahrung zu pochen. Das hat mir damals viel bedeutet und tut es immer noch.


Zum ersten Mal persönlich haben uns dann bei einem Off Day auf der Zann/ Iceburn tour getroffen, als er uns bei sich aufgenommen hat und auch bewirtete. Wir sind über den Nagolder Wochenmarkt mit Empfehlungen des Hause geschlendert und waren danach noch im X-Mist Laden einkaufen. 


Danke für alles, deiner Unterstützung und deine Energie, den Enthusiasmus und auch wenn wir nicht immer einer Meinung waren, wusste ich deine Ehrlichkeit immer zu schätzen. Und es wäre ja auch langweilig, wenn man immer das selbe gut finden würde. Kritik aneinander zu üben, heißt ja nicht das man einander keine Respekt zollt. Sich immer nach dem Mund zu reden, würde keinen weiter bringen und ich denke genau das war, was ich an Armin geschätzt habe. Man konnte eine Diskussion führen und Standpunkte wurden ausgetauscht. Dies hat dann auch immer zu neuen Perspektiven geführt und Bewegung sollte ja auch Weiterentwicklung sein.


Robert / Adagio830, Bis Aufs Messer records





Dienstag, 5. September 2023




Armins Auffassung von Punk / Hardcore hat sich über die Jahre hinweg in vielerlei Gestalt manifestiert. U.a. in der Musik, die er gemacht hat, in den Bands, die er gefeiert und gefördert hat, und in vielen Texten, die er geschrieben hat. Wir meinen, dass sich Armins Auffassung besonders klar in einem Text aus dem Jahr 2016 zeigt:

Hofmann, Armin. 2016. Attwenger: Sun. In Engelmann, Jonas (Hg.). Damaged Goods. 150 Einträge in die Punkgeschichte. Ventil Verlag: Mainz, S. 331-333.

Da der Text für einen Blog recht lang ist und eine österreichische Band den Anlass zu Armins Ausführungen bildet, haben wir Steffen aus Graz gefragt, ob er den Text einsprechen mag (mit freundlicher Zustimmung des Ventil Verlags).





  Erinnerungen an Armin 1986 war das Jahr als ich Armin kennengelernt habe. Mit meinem Kumpel Sutz hatte ich in diesem Jahr unseren Plattenl...