Erinnerungen an Armin
1986 war das Jahr als ich Armin kennengelernt habe. Mit meinem Kumpel Sutz hatte ich in diesem Jahr unseren Plattenladen Nastrovje Potsdam in Schwenningen eröffnet. Eine kleine Zusammenstellung von US-Hardcore, Alternative Sounds, aber auch europäische Bands von kleinen Labels und Mailordern waren nebst T-Shirts und Fanzines in unserem Angebot. Auch die ersten Konzerte organisierten wir in diesem Jahr im Schwarzwald. Nicht sicher, ob es Artless aus New York in der Fuchsfalle oder Scream aus Washington DC in Schwenningen war, als eine Truppe aus Nagold mit Chucks, Baseball Caps und Holzfällerhemden aufgelaufen sind, 40 Zuschauer, viel mehr waren am Anfang nicht zu bekommen. Da war auf jeden Fall auch Armin dabei.
Es war die Zeit, als das Trust Fanzine gegründet wurde und die alte Besetzung um Moses, Armin und Dolf noch gemeinsam an einem Seil gezogen haben. Wir haben viele Konzerte in dieser Zeit organisiert, White Flag, Poison Idea, Melvins, Accused, Jingo de Lunch, MDC, Fang, RKL, Toxic Reasons, Verbal Assault, später dann auch Dickies oder Fugazi und viele mehr. Armin hat dann auch einige unserer ersten T-Shirt Prints in seiner Mailorder verkauft und uns mit Spermbirds-, So Much Hate und Walter 11 T-Shirts die ersten Aufträge beschafft. Da war die Szene noch überschaubar, aber erstaunlich gut vernetzt. Es wurde viel getauscht, Flyer versendet und über den neusten Scheiß am Telefon debattiert. Gerne rief ich bei Armin an und gab mich mit anderem Namen aus, um eine Platte einer doofen Band zu bestellen (die es natürlich bei ihm nicht gab) oder zu fragen ob ich da bei Mülleimer Records gelandet bin. Auch habe ich ihm mal ein Tape mit der ersten Cheap Trick LP aufgenommen und ihm erzählt es wäre mein neuestes Musikprojekt. Auf seinem Label sind später zwei Singles meiner eigenen Musikprojekte veröffentlicht worden. Das bis zuletzt existierende X-Mist Logo war eine der ersten Grafiken die ich am Computer im Freehand Programm für Armin fertiggestellt hatte, natürlich umsonst.
Mit Armin gab es immer wieder schöne Polit- und Szene-Debatten, ganz zu Anfang „Nietenpunks vs Chucks“, die zwar vehement, aber immer auch mit einem Grinsen geführt wurden. Wenn ich Armin ärgern wollte, dann nannte ich ihn den Ian Mckaye aus Nagold. Ich war natürlich froh, dass er nicht Straight Edge lebte. Als die ganze Szene immer kommerzieller wurde und große Firmen wie VANS und vor allem die Musikindustrie auf den Zug aufgesprungen waren um die alternative Musikszene zu kommerzialisieren, war Armin einer der wenigen, der trotzdem konsequent seinen eigenen Planeten X-Mist DIY weiter getrieben hat. Geld ist nicht alles und man kann es schon überhaupt nicht mit in den Himmel nehmen. Mit Haltung Spaß haben und versuchen nicht pleite zu gehen: ob mit dem kurzlebigen Bandprojekt Happy Ever After oder mit der Lizensierung der legendären Big Boys. Es wurde mit Liebe und Überzeugung gemacht.
I want to be a problem
I want to make a scene
I want to get reactions
And wake you from you dream
And I don't care if you don't like it
And I don't think that it's the best
As long as you remember
Then we're up with all the rest
(Big Boys, We got Your Money)
1999 bin ich nach Berlin gezogen und wir haben uns etwas aus den Augen verloren, nur sporadisch vielleicht mal eine E-Mail geschrieben. Für einen Freund im Schwarzwald richtete ich 2013 einen Geburtstag aus und habe die US-Band „Buck Gooter“, die Armin mir vermittelt hatte, in der Linde Burgberg veranstaltet. Hier haben wir uns am 17.April 2013 zum letzten Mal gesehen. Armin erzählte mir begeistert von den Wanderungen, die er mit Ute an Wochenenden oft machte. Die Natur schien ihn noch mehr zu begeistern als die Musik. Wir überlegten mal einen gemeinsamen Ausflug zu unternehmen. Es ist leider nicht mehr passiert.
Armin ist schon einmal vorgegangen. Dort, wo er auf uns wartet, wird er mit einer Kiste LPs stehen und wir debattieren über doofe Bands, lästern über Labelmacher die Porsche fahren, und natürlich sprechen wir über schöne Plattencover.
Lebe wohl lieber Armin, Zeitgenosse einer ganz wichtigen und wunderbaren-, vielleicht sogar der schönsten und unbeschwertesten Zeit. Danke.
- Tøni Schifer -
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